
Anlässlich der Mahnwache vor dem Buchloer Schlachthof am 18.6.2025
Ich hoffe, dass dieser Beitrag jene Menschen erreicht, die noch nicht auf Fleisch und Milch verzichten.
Ich würde mir wünschen, dass ihr den Mut findet, einmal bei einer Mahnwache dabei zu sein, die unzähligen Transporter seht, die verständnislosen Blicke der Rinder, die einem grausamen menschgemachten Tod entgegenfahren.
Würde es euch wirklich unberührt lassen? Würde sich euer Herz keinen Moment zusammenziehen? Und hättet ihr den Mut, ein Rind bei seinem allerletzten Weg zu begleiten? Würdet ihr mit ihm in den Treibgassen stehen, endlos warten, bis es an der Reihe ist – seine schreckliche Angst spürend, die jede Zelle seines Körpers durchdringt?
Würdet ihr bei ihm bleiben, wenn ihm die Betäubung durch das Bolzenschussgerät verpasst wird, in der Hoffnung, dass es nicht fehlbetäubt wird? Würdet ihr zusehen, wie ihm anschließend die Kehle durchgeschnitten wird – der sogenannte Entblutungsschnitt – und es später zerstückelt wird?
Würde euch all das kalt lassen, würdet ihr danach in ein Restaurant gehen und ein Steak essen? Oder vielleicht sogar einen Kalbsbraten?
Bei dem letzten kleineren Transporter, der bei unserer gestrigen Mahnwache in Buchloe einfuhr, konnte man zwei Kälbchen sehen, dicht aneinander liegend.
Wusstet ihr, das manche Kälber nur 4 Wochen alt sind, wenn sie geschlachtet werden? Könntet ihr mit ansehen, wie dieses kleine Wesen getötet wird? Sein Leben gewaltsam aushaucht, kaum dass es auf diese Welt gekommen ist?
Ein Wesen, das eine trauernde Mutter zurückgelassen hat, die ihre Milch dem Menschen geben muss und bald wieder zwangsgeschwängert wird, um erneut zu gebären und ein Kind zu verlieren.
Ihr verdrängt all das, wenn ihr Fleisch esst oder Milch trinkt oder es ist euch einfach nicht bewusst oder ihr wollt es nicht wissen, um bei eurer Gewohnheit bleiben.
Ich verdränge manchmal auch – ich tue es, weil ich sonst seelisch zu Grunde gehe. Weil ich sonst keine Mahnwachen mehr machen könnte, um wenigstens ein Zeichen gegen dieses Unrecht zu setzen.
Ich habe sie später noch gehört, ihre hohen und verzweifelten Schreie ...
Mahnwache Buchloe 18.6.2025
R.I.P.
Der letzte Blick, 20.7.2024

In deinen ratlosen und angsterfüllten Augen spiegelt sich eine ganze Welt – deine Welt …
Ein Leben liegt hinter dir, das vielleicht kaum eines war, geprägt von Entbehrung und Mühsal.
Der Verlust deiner Mutter, gleich nachdem du das Licht der Welt erblickt hattest. Deine Verzweiflung, die fehlende Geborgenheit, dein ängstliches Rufen. Eingesperrt in ein kleines Gefängnis vor dem Stall hast du deine erste Lebenszeit verbracht.
Als du etwas herangewachsen warst, durftest du mit anderen in einen kleinen abgetrennten Bereich – wahrscheinlich war das deine schönste Zeit, es gab noch keinen Spaltenboden; staksig und freudig hast du deine ersten Sprünge in dem weichen Stroh gemacht.
Als du größer wurdest, bist du wieder woanders hingekommen, aber es war immer noch der gleiche Stall. Manchmal hast du die älteren Kühe verzweifelt rufen gehört und eines Tages selbst so verzweifelt gerufen, als man dir dein Kleines gleich nach der ersten Geburt entriss. Vier Mal bist du Mutter geworden, vier Mal ist dein Herz zerbrochen.
Die Tage vergingen und du hast sie ertragen – den Kummer, die Langeweile, die hoffnungslose Sehnsucht nach deinen Kindern und die ungestillte Sehnsucht nach taubenetzten Wiesen mit duftenden Blumen und einem sanften Wind, der über dein Fell streift.
Manchmal wurde eine unter euch aus dem Stall geholt – ihr wusstet nicht warum, und oft geschah es in den frühen Morgenstunden.
Mit den anderen Kühen hast du den Verlust beklagt, es fehlte plötzlich jemand, der vertraut gewesen war und mit dem man das gleiche Schicksal geteilt hatte.
Du konntest es nie verstehen.
Bis zu diesem Tag.
Denn heute Morgen wurdest du herausgeholt und in ein anderes Gefängnis getrieben, das bald schaukelnd den Hof verließ, der dein Zuhause gewesen war. Ein letzter Blick in die liebevollen Augen deiner Gefährten, die zurückbleiben, eine bange Angst, die tief aus deinem Inneren kommt und immer größer wird, je länger die Fahrt dauert. Immer wieder hält der Transporter an, immer wieder werden andere Kühe hineingetrieben. Du kennst sie nicht, sie sind dir fremd. Es wird eng, es wird heiß und deine Angst immer stärker.
Und irgendwann, nach qualvollen Stunden, kommst du an einem Ort an, der deine Angst von einem Augenblick auf den anderen in Grauen verwandelt.
Dein schaukelndes Gefängnis rollt in der Einfahrt zum Schlachthof an mir vorbei. Ich blicke in deine sanften Augen, in denen eine ganze Welt liegt: Dein Leben, das kaum eines war …
R.I.P.
Anlässlich der Mahnwache 'Ein Licht der Hoffnung' am 10 Jahrestag, dem 19. Juli 2024.
Am 21. Juli 2014 fand vor dem Münchner Schlachthof die erste Mahnwache zum Gedenken an die Opfer statt, die hinter diesen Mauern sterben müssen – mitten in München, der Weltstadt mit Herz.
Wo ist das Herz für jene Lebewesen, denen der Mensch den Stempel ‚Nutztiere‘ auferlegt hat?
